Mit kulturtechnischen Eingriffen sind die Landschaften Europas in der Moderne völlig umgestaltet worden. Am Beispiel eines frühen Wasserbaus bestimmt der Autor die soziotechnischen Bedingungen dieses tief greifenden Wandels. Dabei dient der Begriff der «helvetischen Meliorationen» als Klammer, um Fragen der Umweltgeschichte mit der Gesellschaftsgeschichte und der politischen Geschichte zu verbinden.
Gegenstand der Untersuchung ist die Begradigung der Linth, die seit 1783 zur Debatte stand und während der Mediationszeit in Angriff genommen wurde. In diesem hydrotechnischen Projekt materialisierte sich die gesellschaftstragende Utopie des anbrechenden bürgerlichen Zeitalters auf exemplarische Weise. «Die weite, vier Stunden lange Thalebene ist zur Kultur und allgemeinen Verbesserung fähig gemacht», hielt der Protagonist des Projekts, der revolutionäre Zürcher Politiker, Geologe und Philanthrop Hans Konrad Escher, 1811 euphorisch fest. Die Kulturarbeit beschränkte sich nicht auf die Trockenlegung von Sümpfen oder die Begradigung wilder Bergbäche. Sie schloss auch die disziplinierende Erziehung der lokalen Bevölkerung ein, und sie zielte auf eine liberale Staatskonstruktion, die nach dem Scheitern der Helvetischen Republik von unten aufgebaut werden sollte - gewissermassen aus dem Sumpf des Ancien Régime heraus.
In der Praxis war die Neuordnung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse durch die praktisch gewendete und politisierte Aufklärung mit zahlreichen Konflikten verbunden. Die Studie beleuchtet diesen Prozess, indem sie zunächst die frühneuzeitlichen Strategien der Risikominimierung im Umgang mit der Natur rekonstruiert. Anschliessend folgt sie den Exponenten der Aufklärung und der Revolution in ihrem Versuch, die Natur als politischen Kampfbegriff zu mobilisieren, und blickt dann auf die Stabilisierungsbemühungen liberaler Technokraten im anbrechenden 19. Jahrhundert. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Linthkorrektion wurde ein paradigmatischer Fall des modernen Naturverhältnisses geschaffen, der sowohl auf der Ebene der nationalen Identitätskonstruktion als auch in staatsrechtlicher und in hydrotechnischer Hinsicht bis ins 20. Jahrhundert ausstrahlte.
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