Seit der Publikation von Rachel Carsons «Silent Spring» im Jahr 1962 hat kaum ein Thema die Umweltdebatte so nachhaltig geprägt wie die Auseinandersetzung um die Verwendung von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln (Pestiziden). Die Studie von Lukas Straumann untersucht erstmals die historische Entwicklung der Pestizidherstellung in der Schweiz und die Durchsetzung des chemischen Pflanzenschutzes in der schweizerischen Landwirtschaft vom letzten Viertel des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Die Geschichte der modernen Pestizide ist eng mit der Schweiz verknüpft. So war die Schweiz Schauplatz der wegweisenden Entdeckung des Chemikers Paul Müller, der im Herbst 1939 als erster Wissenschafter die insektizide Wirkung von DDT erkannte, als er im Auftrag der Basler J. R. Geigy AG nach neuen Wirkstoffen für den Pflanzenschutz suchte. Müllers Erfolg steht in einer Tradition der Schweizer Pflanzenschutzforschung, die nach dem ersten Auftreten der aus Nordamerika eingeschleppten Reblaus im Jahr 1874 einsetzte. Intensive Forschungsanstrengungen verhalfen der Schweizer Industrie nach 1945 zu einer führenden Stellung auf dem Weltmarkt mit Pestiziden.
Im Zentrum der Untersuchung stehen zwei eng miteinander verschränkte Entwicklungen: die Herausbildung einer angewandten Entomologie (Insektenkunde) als zoologischer Teildisziplin sowie die Entstehung einer auf die Herstellung von Pflanzenschutzmitteln spezialisierten chemischen Industrie. Der Autor stellt beides in den Kontext einer zunehmenden Verwissenschaftlichung der Landwirtschaft hin zu einer «science-based agriculture». Besonderes Augenmerk legt er auf die politischen und ökonomischen Konstellationen, welche dem mit neuen Risiken behafteten Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zum Durchbruch verhalfen.