In seinem letzten Typoskript verarbeitete Max Frisch auf sehr persönliche Art und in einer für ihn typischen literarischen Form jenen Skandal, der die Schweiz 1989/1990 erschütterte: Fast eine Million Einwohner war während des Kalten Krieges vom schweizerischen Staatsschutz observiert worden. Auf individuell angelegten Karteikarten oder »Fichen« hatte die Bundesanwaltschaft eine eigene Verdachtschronik produziert, deren grotesk banaler Charakter den Skandal nur verstärkte.
Frischs Arbeit an der eigenen Akte fand 1990 statt, im Vorfeld der umstrittenen 700 Jahrfeier der Eidgenossenschaft. Fast ein halbes Jahrhundert nach Stiller sah sich Frisch gezwungen, die Frage nach dem Verhältnis von Lebensgeschichten und Identität nochmals aufzunehmen. Er rückte dem Strandgut des analogen Überwachungsapparates mit Schere, Tacker und Schreibmaschine auf den Leib. Die dabei entstandene Collage ist die erschütternde Abrechnung mit der Ignoranz, nicht nur des Staatsschutzes. Und damit erweist sie sich als eminnent aktuell. Sie wird hier zum ersten Mal veröffentlicht.
»vorzüglich ediert und zudem substanziell erläutert« Martin Meyer, Neue Zürcher Zeitung
»ein Vierteljahrhundert nach dem Fichenskandal ist Frischs kommentierte Akte nun in einer sorgfältigen Edition erschienen - und wirft angesichts der Möglichkeiten des elektronischen Nachrichtendienstes erneut die Frage auf, wer uns heute vor Übergriffen des Überwachungsstaates schützen kann.« Andreas Tobler, Tages-Anzeiger
»Als Zeitdokument … hat es seinen Wert, vor allem dank dem gehaltvollen und erhellenden Apparat der Herausgeber, mitsamt Vorwort, Nachwort und Anmerkungen.« Oliver Meier, Aargauer Zeitung
»Der Sarkast Max Frisch ergänzt seine Fiche mit kühler Präzision. Und mit der gleichen Genauigkeit gehen auch die beiden Herausgeber seines Typoskripts jetzt vor, David Gugerli und Hannes Mangold. Vorwort und Nachwort, Fakten um Fakten, Auge um Auge, Überprüfung der Überprüfer vom Staatsschutz: Das ist von einer fast tollwütigen Exaktheit – und toll zu lesen.« Christine Richard, Basler Zeitung