Verbrennungsmotoren im historischen Kontext. Zur historischen Entwicklung einer Maschinenkultur. Technikhistorisches Vorlesungsfenster (23. November 1989) und Übung (25. Januar 1999) zur Vorlesung "Grundzüge des Verbrennungsmotors"

Prof. David Gugerli

Index zur Vorlesung:

  • Wozu und wie Technikgeschichte?
  • Der Motor im Kontext und im Wandel
  • Soziotechnische Hybride
  • Die Welt als Werkstatt
  • Beispiel I: Diesel und der Dieselmotor
  • Praktische Anschlussfähigkeit
  • Beispiel II: Die Verpackung
  • Kulturelle Anschlüsse
  • Beispiel III: Fahrrad und Automobil
  • Resultate

Fragekatalog zu den Texten der Arbeitsgruppen / Diskussionsgrundlage für die Sitzung vom 25. Januar 1999:

Gruppe I

  • Latour, Bruno: Machines. Introduction, in: ders., Science in Action. How to follow Scientists and Engineers through Society, Harvard Universitiy Press, Cambridge Mts, 1987, S.103-108.

Latour zeigt am Beispiel des Dieselmotors, dass er das Erfindervater-Konzept sowie die klassische Drei-Phasen-Bildung der traditionellen Technikgeschichte (1. «invention», 2 «reasearch and development», 3. «innovation») für nicht sehr aussagekräftig hält. Was für alternative Erklärungsmodelle schlägt er vor, was meinen und leisten die Begriffe Black Box, Translation und Transferation, Allianzen, «science in action», «factual artefact» und «artefactual artefact», Eponym, und schliesslich die Metapher des Rugbygames (respektive in welchem entscheidenden Punkt funktioniert die Ballspiel-Metapher nicht)? Inwiefern hat die Drei-Phasen-Unterteilung der traditionellen Technikgeschichte trotzdem Aussagewert, beispielsweise im Hinblick auf den Bankrott von Rudolf Diesel betrachtet?

Gruppe II

  • Maissen, Felici: Der Kampf um das Automobil in Graubünden 1900-1925, ACS Sektion Graubünden, Davos 1968, S. 9-16
  • Bierbaum, Otto Julius: Eine empfindsame Reise im Automobil von Berlin nach Sorrent und zurück an den Rhein, in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 7, München 1913, S. 446-449.
  • Gegen den Strassenstaub, in: Allgemeine Automobil-Zeitung, 1909, Nr. 17, S. 54
  • 300 000 Mark für Staubbekämpfung, in: Allgemeine Automobil-Zeitung, 1909, Nr. 15, S. 52
  • Kellner, Alexis: Der Stil im Auto-Sport. Geschmacksfragen, in: Allgemeine Automobil-Zeitung, 1911, Nr. 6, S. 25-26, Nr. 8, S. 33-34, Nr. 10. S.31.

«Im Verlauf ihrer Genese durchläuft eine Technik verschiedene Instanzen, die sie nach unterschiedlichen Nutzungsvisionen gestalten und mit unterschiedlichen Bedeutungen ausstatten, angefangen von Forschern und Erfindern über Unternehmer und staatliche Behörden bis hin zu Anwendergruppen und sozialen Bewegungen. Erst wenn es gelingt, die von einander abweichenden Interessen und Leitorientierungen der sozialen Akteure in einer Verhandlungsarena zu konfrontieren, die jeweils anderen Orientierungen in den eigenen Diskurs reflexiv einzubauen und miteinander zu akkordieren, können der Ausbau eines technischen Systems und die Diffusion einer neuen technischen Praxis mit Erfolg betrieben werden.» (1) Die Texte und Quellenbeispiele sind hinsichtlich dieser vom Techniksoziologen Werner Rammert formulierten These zur Technikakzeptanz und Technikdiffusion zu diskutieren. Mit welchen unterschiedlichen Nutzungskonzepten, Interessen und Argumenten wird Anfang dieses Jahrhunderts über das Automobil diskutiert, welches sind die zentralen Verhandlungsarenen und wie beeinflussen diese die Konzeptionen des Automobils?

(1) Rammert, Werner: Technik aus soziologischer Perspektive. Forschungsstand, Theorieansätze, Fallbeispiele. Ein Überblick, Westdt. Verlag, Opladen 1993, S. 265

Gruppe III

  • Sachs, Wolfgang: Die auto-mobile Gesellschaft. Vom Aufstieg und Niedergang einer Utopie, in: Brüggemeier/Rommelspacher (Hg.), Besiegte Natur. Geschichte der Umwelt im 19. und 20.Jahrhundert, München 1989, S. 106-123.

Es ist davon auszugehen, dass Technik nicht einfach bestehende Bedürfnisse abdeckt, sondern auf Bedürfnisse und Verhaltensweisen produktiv einwirkt. In diesem Sinne bezeichnet der Soziologe Günter Burkart den Automobilismus als einen neuen «kulturellen Wertkomplex», als «zentrales Integrationsmuster der westlichen Kulturen im 20. Jahrhundert».(2) Wie thematisiert Wolfgang Sachs die Wechselwirkungen zwischen Technik und Kultur? Welchen Bedürfnissen, kulturellen Visionen und Wertvorstellungen kam und kommt das Automobil entgegen? Wie wirkt die Durchsetzung des Automobils auf Kultur und Lebensweise zurück?