Die Geschichte der schweizerischen Naturwissenschaften ist bislang nur punktuell erforscht. Ziel des Forschungsprojektes „Raumerschliessung und Forschungsförderung. Interaktionen zwischen Naturwissenschaft und Bundesstaat" ist es daher, eine sozial- und kulturgeschichtlich fundierte Auslegeordnung über die Entwicklung der Naturwissenschaften in der Schweiz vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu liefern. Die Schweiz wird dabei als Knotenpunkt innerhalb weitverzweigter diskursiver und sozialer Netze betrachtet. Das Projekt geht der Frage nach, welche wissenschaftlichen Diskurse und Praktiken sich in den letzten 200 Jahren in der Schweiz manifestierten sowie welche historische Bedeutung ihnen in verschiedenen räumlichen Kontexten zuzumessen ist. Als Zugriffspunkt des Forschungsprojektes dient die 1815 gegründete Schweizerische Naturforschende Gesellschaft SNG (heute Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften SCNAT). Das Projekt besteht aus zwei Dissertationen, welche vom Schweizerischen Nationalfonds SNF unterstützt werden, und einem Buchprojekt.
Die Dissertation Das Wetter der Nation. Meteorologie, Klimatologie und der schweizerische Bundesstaat, 1860-1914 untersucht, wie sich eine bundesstaatliche Zuständigkeit für die Produktion von Wissen über das Wetter etablierte. Sie historisiert damit die aus heutiger Perspektive selbstverständliche Symbiose von Wissenschaft und Nationalstaat.
Die Dissertation Koloniale Netze und eisige Körper. Polarwissen um 1900 fokussiert die Globalgeschichte der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Am Beispiel von Grönlandexpeditionen von Mitgliedern der Institution zeigt sie, wie diese in ein transnationales polyzentrisches Wissenschaftsnetz eingebunden waren. Die Schweizer Naturforscher verhandelten auf dem Grönlandeis nicht nur schweizerische Naturräume sondern auch ihr kulturelles Selbstverständnis.
2015 erschien im hier+jetzt Verlag das Buch Die Naturforschenden. Auf der Suche nach Wissen über die Schweiz und die Welt mit Beiträgen von 15 Wissenschaftshistorikerinnen und Wissenschaftshistorikern. Herausgeber sind Patrick Kupper und Bernhard Schär.